Nach einer Feier im Städtchen Berkfeld ist Förster Hainmann auf dem Heimweg zum Försterhaus.
Auf der Höhe des Hofkreuzes, das zum Gutshof gehört, nimmt er eine veränderte Silhouette wahr.
Irgendetwas stimmt dort nicht. Zwar blenden ihn Schnee und Wintersonne, aber dann erkennt er deutlich zwei Kreuze. In dem zweiten Kreuz, einem Hohlkreuz, ist ein Mann im Eis eingefroren, das kann er sehen. Als er den Schnee ein wenig zur Seite wischt, erkennt er an den drei fehlenden Fingern der rechten Hand Kurt Kaulut, den Verwalter des Gutshofs. Er ist ebenso geschockt wie der Gutsbesitzer Felix von Hollerbaum, der kurz darauf hinzustößt. Niemand kann sich erklären, wer und warum jemand dem gut beleumdeten Verwalter so etwas antut. Die Ermittlungen der Polizei sind schwierig, weit und breit kein Motiv, kein Täter zu sehen.
Schließlich gibt es eine Spur, die weit in die Vergangenheit führt…
Christa Johanna Gundt:
"Wie bin ich zu dieser Idee gekommen? Da muss ich etwas weiter ausholen. Als Kind in den Fünfzigerjahren in Ochtrup aufgewachsen, erlebte ich das Zusammenleben mit Flüchtlingen und Vertriebenen, die aus dem Osten kamen, auf unserem Hof und in der Schule. Später gab es dann eine andere Perspektive durch meine Schwiegereltern, die ihrerseits Schlesien verlassen mussten und das ganze Elend von Krieg und Vertreibung miterlebt haben. Es handelt sich also um die Generation unserer Eltern, die unermessliches Leid erlebt haben, besonders die Frauen – meistens ohne jede persönliche Schuld. Darüber wurde nie geredet, weder über die Erlebnisse der traumatisierten Kriegsteilnehmer, noch über die der vielen traumatisierten Frauen und Kinder. Also ist Seelendüsternis auch eine Geschichte gegen das Vergessen.
Natürlich vermischt sich, was Menschen mir erzählt haben, mit dem, was ich erdacht und zu einer Kriminalnovelle ausgeweitet habe. Seelendüsternis ist demnach absolut keine Eins zu Eins-Geschichte.
So verhält es sich auch mit den Protagonisten. Viele Münsterländer tauchten vor meinem inneren Auge auf: Bauern, Kötter, starke Frauen, Gutsbesitzer und die, die als Flüchtlinge ins Münsterland kamen. Ich höre sie Plattdeutsch, in schlesischer und ostpreußischer Mundart reden. Die sprachliche Annäherung war nicht so schwierig wir die der Flüchtlinge heute, aber es gab durchaus Verständigungsprobleme.
So sind sie, die Figuren der Novelle, die übrigens bei aller Schwere des Themas auch durchaus erheiternde Elemente enthält.
Schreiben bedeutet für mich, meine vielen Geschichten, die ich im Kopf habe zu Papier zu bringen. Viele Menschen müssen wegen der vielen Bilder und Töne im Kopf malen oder musizieren. Ich muss schreiben. Im vergangenen Jahr habe ich ein winziges Buch geschrieben. Es heißt: Erdbeergeschichten und ist im Sonderpunkt Verlag erschienen. Auch die Erdbeergeschichte haben ihre Geschichte. Als Mitarbeiterin der Hospizgruppe Billerbeck habe ich jeweils zum Marktstand im Juni eine Erdbeergeschichte erdacht. Diese haben wir mit Erdbeeren an Marktbesucher verteilt und sind darüber ins Gespräch über die Arbeit der Hospizgruppe gekommen.
Es ist so, wie Max Frisch sagt: Schreiben heißt, sich selber lesen. Wenn es gut läuft, packt man Eigenes in gute Geschichten."